… einen Augenblick lang fühlte ich mich [UMPANZERT] – Kafka goes BUNRAKU
Ein interdisziplinäres Projekt der Experimentellen Musikvermittlung mit dem Fachbereich Kunst der Peter Ustiniov Schule
gefördert vom Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung in der Fördersäule I, 2016
Im Projekt [UMPANZERT] setzen sich Schüler_innen der 10. Klasse der Berliner Peter Ustinov Schule (ISS) unterstützt von Künstlern aus dem Team der Experimentellen Musikvermittlung von Lisa Werhahn auf spielerische Weise mit Textfragmenten von Franz Kafka auseinander. Gemeinsam gehen sie mit Handykameras auf Spurensuche im eigenen Bezirk : wo hat sich Kafka vor etwa 100 Jahren in Berlin aufgehalten, wo in Berlin Charlottenburg stand das Haus seiner Verlobten (und später Ent-lobten) Felice Bauer?
Durch die Vernetzung der Textfragmente mit zeitgenössischer Musik, Videosequenzen und Puppentheater werden neue Wege begangen, die ein sinnliches Erleben der Texte Kafkas ermöglichen.
[UMPANZERT] richtet sich an Jugendliche in der Selbstfindungsphase, es will den Umgang mit Freiheit und Grenzen mit künstlerischen Mitteln ausloten. Durch eigenes kreatives Handeln lernen die Schüler_innen verschiedene Kunstformen kennen. Sie beschreiten einen schöpferischen Prozess von der Materialsammlung bis hin zu einer Werkstattaufführung in der Schule.
Hintergrund:
Texte von Franz Kafka haben den ungarischen Komponisten György Kurtág zu dem Liederzyklus „Kafka Fragmente op. 24 für Sopran und Violine“ inspiriert. Die expressive Sprache des Dichters wird zu Gesang, begleitet nur von einer Violine. In dem Liederzyklus hat die Sopranistin alle Register von Flüstern und Sprechen zu Singen und Schreien zu ziehen. Viele der Fragmente haben trotz der intimen Besetzung musiktheatralische Züge.
Das Bunraku Theater entwickelte sich Ende des 17. Jahrhunderts in Japan aus der Zusammenführung zweier selbständigen Traditionen: einer hochentwickelten Puppenspielkunst und dem Vortrag epischer Dramen mit Instrumentalbegleitung. Die technisch aufwändigen Figuren werden von mehreren Spielern gleichzeitig geführt und erhalten dadurch eine außergewöhnliche Lebendigkeit. Die Puppen auf der Bühne bleiben stumm. Ein Rezitator, der gemeinsam mit einem Musiker am Bühnenrand sitzt, verleiht den Figuren ihre Stimme und erzählt bzw. kommentiert das Bühnengeschehen. Der Musiker begleitet ihn dabei.
Die für europäische Ohren zwar extreme, doch faszinierende Art der Rezitation im Bunraku erinnert in ihrer Expressivität an den Einsatz der Gesangstimme bei Kurtág: Der körperlich mitunter extreme Akt der Rezitation wird nahezu symbiotisch von einem Instrumentalisten begleitet. Obwohl Jahrhunderte alt, verbergen sich in der traditionellen Spielform erstaunlich viele Parallelen zur Gegenwart.
Gemeinsam mit den Schüler_innen lässt sich das Team der Experimentellen Musikvermittlung auf einen künstlerischen Prozess, in dem die Genres Literatur, zeitgenössische Musik und Puppentheater miteinander verbunden werden.
Der Verein „Töne machen Leute“ e.V. unterstütz das Projekt mit einem Zuschuss für den Puppenbau
Künstlerisches Team der Experimentellen Musikvermittlung :
Lisa Werhahn (Violine), Anna Maria Pammer (Sopran), Nicola Reinmöller (Puppenbau), Tobias Ribitzki (Regie), Tobias Schülke (Puppenspiel)
Fachbereich Kunst der Peter Ustinov Schule: Ingeborg Langsdorf (Koordination), Chus Lopez Vidal (Videoschnitt)